Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands K.d.ö.R.

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Mitgliedsgemeinden:

Offener  Brief
 
 

Aufforderung des BFGD an die Bundesregierung über die sofortige Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der „Alternative für Deutschland“ gemäß Artikel 21 Absatz 2, 3 und 4 des Grundgesetzes
 
 
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz, sehr geehrter Herr Vizekanzler Habeck, sehr geehrte Frau Bundesinnenministerin Faeser,
 
 
mit großer Besorgnis verfolgen der Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands K.d.ö.R., seine Mitgliedsgemeinschaften und die Mitglieder seines Präsidiums die sich verstärkende Übernahme nationalsozialistischen Gedankenguts und Forderungen durch Führungspersonen der AFD und deren Bundestagsabgeordnete.
 
 
Die Abstimmung vom Mittwoch im Deutschen Bundestag erfüllt uns mit Bestürzung und Trauer. Denn bereits einmal haben bürgerlich-konservative Parteien mit faschistischen Parteien paktiert, was den Untergang der Weimarer Demokratie besiegelte. Durch die gemeinsame Haltung und Abstimmung von CDU/CSU, FDP und AFD war klar, dass der Antrag über den Bundestag eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der AfD einzuleiten, keine Mehrheit finden würde, wie es sich dann auch in der gestrigen Abstimmung zeigte.
 

 
Die Radikalisierung und Gefahr der AFD zeigt sich u.a. in der Wortwahl und in den Plänen, auch Menschen, die hier geboren sind und deutsche Pässe haben, zu vertreiben, und in den zunehmenden Diskriminierungen und Angriffen auf LGBQTIA+-Personen und deren Rechte, ebenso die Pläne zur Einschränkung der Religionsfreiheit, und generell im Hass auf Andersdenkende und Anderslebende.
 

 
Als Gemeinschaft, deren Mitgliedsgemeinden schon 1933  teilweise verboten wurden und der als Gesamtverband 1934 ein Verbot erhielt, der erleben musste, wie viele Mitgliedspersonen verhaftet und verurteilt wurden oder emigrieren mussten, beobachten wir schon seit Jahren mit großer Sorge diese zunehmende Radikalisierung und thematisieren sie auch. Und wir fürchten klar, dass Parteien, die die Menschenrechte kleinerer Personengruppen  mit Füßen treten, nicht davor Halt machen werden, die Menschenrechte vieler oder gar aller abzuschaffen. Die Anträge  dieser Partei im Bundestag zeigen dies. Menschenrechte sind nicht verhandelbar, auch nicht durch Mehrheiten im Parlament oder in Meinungsumfragen.
 

 
Wir als BFGD treten seit Gründung 1859  für die Freiheit des Denkens und Glaubens ein, für ein gleichberechtigtes und demokratisches Miteinander, für gegenseitige Unterstützung und Bildung, nicht nur in unserer Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft, sondern darüber hinaus, und für die Menschenrechte aller.
 
 
Sie alle haben einen Eid geschworen:
 
 
„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“
 
 
Dieses Grundgesetz gilt es nun zu nutzen und zu verteidigen.
 
 
Daher fordern wir Sie nachdrücklich auf, die sofortige Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der „Alternative für Deutschland“ gemäß Artikel 21 Absatz 2, 3 und 4 des Grundgesetzes anzustoßen.
 
 
Vielen Dank.
 
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Renate Bauer
 
Präsidentin



Mitglied bei:
Am 19. Oktober überbrachte Präsidentin Renate Bauer Amy Allen zu ihrer Amtseinführung als Pfarrerin der Freireligiösen Gemeinde Mainz  die Glückwünsche des BFGD in einem Grußwort und mit Buchgeschenk.. Kolleg*innen aus Gemeinschaften des BFGD und befreundeten Gemeinschaften begleiteten ebenfalls ihre Amtseinführung:
Auf dem Bild von links nach rechts:
Max Wäldele, Baden, Renate Bauer, BFGD, Amy Allen, Mainz, Victoria Rittmann, Idar-Oberstein und Alexander Schmahl, Frankfurt.
Am 24. August 2024 trafen sich in Ludwigshafen, im Johannes-Ronge-Haus das BFGD-Präsidium mit befreundeten Gemeinschaften zum Erfahrungsaustausch und der Besprechung weiterer Zusammenarbeit. Die Freireligiöse Landesgemeinde konnte in ihrem Haus Vertreter*innen aus den Gemeinden Offenbach, Baden, Mainz, Idar-Oberstein, der Freireligiösen Landesgemeinde Rheinland-Pfalz und der Humanistischen Vereinigung Nürnberg begrüßen.
 
Die Fortführung des Gesprächs zu einzelnen Themen ist vereinbart.
 
 
Renate Bauer
Unsere Arbeitsgemeinschaften:

Was ist so unheilig am Heiligen Rock?
180 Jahre ist es her, seit der damals noch katholische Pfarrer Johannes Ronge gegen die Ausstellung des sogenannten „heiligen Rockes“ in Trier wetterte, ein Schreiben, das veröffentlicht wurde von Robert Blum, Demokrat und später (1848) deswegen erschossen.
Viele tausende griffen das Schreiben auf und nahmen es zum Anlass, eigene religiöse Gemeinschaften zu gründen. Diese sollten sich auf die Vernunft und nicht auf den Glauben stützen. Sie sollten Freiheit und Selbstbestimmung in und mit der Gemeinschaft leben können.
Und heute: brauchen wir wieder eine Stärkung der Vernunft, eine Stärkung unserer aller Fähigkeiten, nicht Angst, Wut und Verzweiflung in uns nachzugeben, sondern Hoffnung zu stärken, Mut zum Tun und sich einzusetzen, auch wenn es nicht sofort Erfolg zu haben scheint.
Wir brauchen den Mut für die Demokratie und die Menschenrechte zu wirken, wir brauchen das kritische Denken, um nicht den Angstmachern aus allen populistischen Ecken uns auszuliefern.
Wir brauchen Hoffnung, um weiter uns am Leben zu freuen und miteinander Spaß zu haben.
Ein Rock ist uns nicht heilig, aber das Leben aller miteinander in Frieden, Freiheit und Achtung ist es. Das feiern wir mit Gesang und Text und Essen und Trinken.
Daher laden wir alle ein zum Konzert am 15.11., 18.30 Uhr ins Ronge-Haus, Ludwigshafen, Wörthstraße 6a.
Renate Bauer
Rede anlässlich der Kundgebung „Das Lambrechter Tal solidarisch: gegen Extremismus, Rassismus und Diskriminierung“,  Lambrecht 23. März 2024, 15.00 Uhr
 
 
 
Liebe Mitmenschen,
 
 
als freireligiöse Gemeinschaft haben wir schmerzliche Erfahrungen mit Rechtsextremismus gemacht. Wir möchten sie nicht wiederholen. Verbote der Gemeinden, auch hier die in Lambrecht und erst recht in Iggelbach, Verhaftungen von Mitgliedern und deren Haft in KZ oder ihre erzwungene Flucht und Emigration  wollen wir nicht mehr. Wir wollen das nicht mehr nur für uns, sondern für alle freiheits- und demokratieliebenden Menschen in diesem Land.
 
 
Zwei Themen beschäftigen mich besonders:  zum ersten die Bereitschaft vieler in vielen Bereichen der Gesellschaft, sich schleichend an die Wortwahl aus rechten Kreisen anzupassen, sie  teilweise zu übernehmen. Wie wir sprechen, beeinflusst auch, wie wir denken und fühlen.
 
 
Manche Worte hören sich harmlos an, aber meinen bei genauerem Hinhören brutale Aktionen.  Ich will ein Beispiel aus der Nazizeit nennen: Schutzhaft. Hört sich harmlos an, tatsächlich bedeutete es, die Polizei konnte jeden verhaften, ohne Gerichtsbeschluss beliebig lange festhalten, verprügeln und foltern, und Verteidigung war nicht möglich.
 
 
Und wenn Sie sich die Wortwahl rechtsextremer Kreise ansehen, dann erkennen Sie das gleiche Muster: Verharmlosung menschenverachtender Pläne, systematisch versuchte Ausgrenzung von Menschen, die hier geboren sind, als „aufgepfropfte“, usw.
 
 
Solche verharmlosenden Begriffe sind gefährlich, Verschleierungen der tatsächlichen Vorstellungen und Pläne.  Setzen Sie richtigerweise statt Remigration die Begriffe Vertreibung, Enteignung und Verfolgung, dann erkennen Sie den Zwang und die Unmenschlichkeit, die hier versucht werden zu verdecken.
 
 
Es ist eine Sprache, die dazu dient, eine Spaltung zwischen einem „Wir“, das nur die Rechtsextremen richtig definieren können und allen anderen hervorzurufen und zu vertiefen. Und „wir“ hier auf diesem Platz sind nicht mitgemeint.
 
 
Nicht der einzelne Mensch in seiner Einzigartigkeit zählt und wird respektiert, sondern ob er in das Schema passt, das sich rechts zurechtgelegt hat.  Wir wissen alle, dass wir als Menschen zu Vorurteilen neigen, das ist menschlich. Auch wir setzen alle gerne eine einzelne Person als stellvertretend für eine Gruppe, vor allem, wenn wir uns falsch behandelt fühlen. Aber wir alle können und bemühen uns, immer wieder die einzelne Person in ihrer Einzigartigkeit zu sehen und ihre Verschiedenheit zu respektieren. Die Vielfalt der Lebenswege  ist ein Grundpfeiler demokratischen Lebens. Wir  achten die Menschen, so verschieden sie sind und ihr Leben gestalten, als gleichwertige Menschen. Wir  erkennen, worin wir bei allen Unterschieden gleich sind und gleiches wollen, das ist Demokratie zu leben, nicht einfach, aber bereichernd.
 
 
Und wir achten die Selbstbestimmung der einzelnen.
 
 
Das ist mein zweites Thema: denn nicht Sie, nicht ich entscheiden, wer und was  jeweils gemeint ist und zu welcher Gruppe gehören soll, wer das „Wir“ darstellt, sondern die Rechtsextremen.
 
 
Nicht die Menschen zählen und deren Selbstbestimmung, sondern nur die Einordnung durch die Rechten, und die ist willkürlich. Jederzeit veränderbar,  dient sie einem einzigen Zweck, dem der Machterringung und –erhaltung.
 
 
Auch diese Erfahrung  mussten unsere Gemeinschaften machen: nicht ihre Selbstdefinition und ihr Handeln zählte, sondern ausschließlich der Nutzen, den ihr Bestehen oder das Verbot haben würde für die Diktatur.
 
 
Solange jemand nützt, darf die Person existieren, ansonsten wird sie „entsorgt“. ‚Und das gilt für alle, selbst für die, die glauben, sie seien als Unterstützer da ausgenommen. Niemand kann und darf sich sicher vor der Diskriminierung und Verfolgung durch rechtsextreme fühlen.
 
Diese menschenverachtende Haltung ist gleich geblieben von damals bis heute.
 
 
Daher mein Appell an Sie: hören Sie genau hin, übersetzen Sie sich die Begriffe, die da benutzt werden in konkrete Handlungen und erschrecken Sie.
 
Und greifen wir die Themen auf, auf die ständig von Rechts verwiesen wird, aber nutzen wir unsere Worte der Achtung und der Mitmenschlichkeit, um auf sie einzugehen und gemeinsam Lösungen zu suchen.
 
 
Unsere Grundrechte heißen: Freiheit der Meinung, der Versammlung, der Wissenschaft, der Kunst, der Religion, des Glaubens und des Gewissens.
 
Sie heißen nicht Recht auf  Ausgrenzung, Beleidigung,  Verfolgung, Diskriminierung.
 
 
Für diese Freiheit eines friedlichen, eines achtungsvollen Miteinanders müssen wir handeln, nicht nur mit Demonstrationen, sondern täglich. Gelegenheiten gibt es immer und überall, beim Gespräch mit Nachbarn, in den Vereinen, bei einer Bahnfahrt, in der aktiven Hilfe für diskriminierte Menschen und von Rechtsextremen verfolgte Personen.
 
Nutzen Sie sie bitte. Danke
 
 
Renate Bauer
 
Präsidentin des Bundes Freireligiöser Gemeinden Deutschlands

Unsere Geschäftsstelle
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